Der Baum der Erkenntnis

Mitten in einem kleinen Dorf stand ein uralter, großer Baum, in dessen Schatten die Dorfbewohner ihre kleinen Plaudereien abhielten, Großeltern ihren Enkeln beim Spielen zusahen und hin und wieder Feste gefeiert wurden.

Der Älteste des Dorfes wusste, dass diesem uralten baum magische Fähigkeiten inne wohnten. Er gab sein Wissen den jüngeren Bewohnern des kleinen Dorfes Jahr für Jahr weiter. Zur Wintersonnwende sprach er zu ihnen:

„Um die Magie dieses Baumes zu erfahren, müsst ihr nach Hause gehen und darüber nachdenken, was für Probleme euch beschäftigen. Anschließend packt ihr eure Probleme in Pakete, bringt sie hier her und hängt sie in diesen mächtigen Baum. Dann wird er zu euch sein Geheimnis enthüllen.“

Die Dorfbewohner eilten nun in ihre Häuser, wurden sich ihrer Sorgen und Nöte bewusst und verpackten sie anschließend sorgfältig in kleine Päckchen und manchmal auch größere Pakete. Diese brachten sie nun zu dem Baum und begannen, die Sorgenpakete an die Zweige zu hängen.

Der Alte lächelte: „Alles im Leben ist eine Geben und Nehmen. Und das Gleichgewicht soll gewahrt sein. Wollt ihr nun eure Päckchen hierlassen, so müsst Ihr stattdessen eine anderes dafür mitnehmen. Das ist der Preis den der Baum fordert!“

Die meisten Dorfbewohner zögerten nur kurz und gingen auf die Bedingung ein. Eifrig hingen sie ihre Sorgenpakete an einen der Zweige und nahmen dafür ein anderes mit.

Gespannt eilten sie zurück in ihre Häuser und wickelten das erstandene Paket auf. Aber oh weh, dass was sie auspackten, war mindestens so unangenehm, wie die eigenen Päckchen und manche sogar weit schlimmer, als das, was sie weggegeben hatten.

Schnell trugen sie die fremden Päckchen zurück und holten sich ihre eigenen, vertrauten Kümmernisse zurück.

Die meisten schenkten dem Baum ein Lächeln und bedankten sich.

Ulrike MommendeyDie Geschichtenerzählerin Logo

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